Aus der Praxis

Klettersitz – Neue Strategie und immer ein sicherer Kugelfang

Bild 1: Ausrüstung
Bild 1: Ausrüstung

Der Klettersitz (KS) kann sowohl als alternativer Hochstand für den Einzelansitz eingesetzt werden, als auch bei der Drückjagd als variabler Ansitz im Dickungsbereich. Hoch genug aufgebaumt, ermöglicht er bei einer guten Rundumsicht den Blick in Dickungen von oben und gewährt einen sicheren Kugelfang.

Einzelansitz: Das Wild hat oft die Gefahr erkannt, die von der  festen Jagdeinrichtung ausgeht und sichert entsprechend. Oft bekommt man dann kein einziges Stück zu sehen, weil uns wahrscheinlich schon unsere Duftspur verrät. In dieser Situation lässt sich sehr schnell und einfach mit dem KS ein temporärer Ansitz einrichten, den das Wild nicht kennt. Eine oft eingesetzte, mobile Ansitzleiter ist unhandlicher und man erreicht nicht die Ansitzhöhe eines KS, aber dazu später mehr. Auch ein Aufbaumen an Wechseln, zum Austesten von Standorten für geplante, feste Jagdeinrichtungen oder als Alternativstandort bei ungünstigen Windverhältnissen, kann zur Routine werden.

Drückjagd: Dort kann der KS in Bereichen, in der keine feste Jagdeinrichtung vorhanden ist oder das Gelände wegen einer Dickung kein gutes Schussfeld bietet, als mobiler Ansitz eingesetzt werden. Durch die Ansitzhöhe kann über die Dickung hinweg aber auch in die Dickung hinein geschaut werden (v. a. nach Laubfall), denn kleine Dickungsinseln werden vom Wild als „Fluchtdickung“ genutzt. Das Blickfeld und damit das Schussfeld sind generell erweitert.

Die beiden soeben beschriebenen Einsatzgebiete haben noch weitere Vorteile:
Der wichtigste Vorteil ist die mögliche Ansitzhöhe und daraus abgeleitet, der sichere Kugelfang! Die Position hoch oben im Baum, bringt den Jäger aus dem Sicherungsblick des Wildes, (es sichert nicht nach oben) und verringert die menschliche Witterung am Boden.  Die Bewegungsgeschwindigkeit des Wildes ist auch bei der Drückjagd reduziert. Es zieht langsam oder es steht und sichert.

Die Höhe, in der der KS positioniert wird, ist in erster Linie abhängig von den Gegebenheiten des Baumes. Der Baum sollte eine griffige Borke aufweisen (z. B. Douglasie, Kiefer (max. bis zur Spiegelrinde), Eiche), einen Durchmesser zwischen 20 und 50 cm haben und bis zur angestrebten Höhe astfrei sein. Kleinere Äste können mit einer kleinen Klappsäge entfernt werden. Solche Arbeiten und die Beurteilung der genauen Situation können auch schon vor dem ersten „scharfen“ Ansitzen gemacht und getestet werden. Wie weit die mögliche Höhe ausgeschöpft wird, hängt neben dem „Wohlbefinden“ (Höhenangst) des Jägers auch vom Geäst der Nachbarbäume ab. Manchmal ist das Sichtfeld in einer Zwischenhöhe besser (Lücken in der Vegetation), als wenn die Maximalhöhe genutzt würde.

Sind die Voraussetzungen vorhanden können 8-10-12 Meter Höhe erreicht werden.
Aber selbst 6 m Höhe sind schon deutlich mehr, als auf einem normalen Drückjagdbock oder einer Ansitzleiter. Einmal oben, lässt sich der Sitz noch ausrichten, man kann also ohne weiteres die Blickrichtung ändern und sich so an die jeweilige Situation anpassen.

Der KS besteht grob aus 2 Teilen: dem Fußteil und dem Sitzteil. Das Fußteil ist vor unbeabsichtigtem herunterrutschen mit einem Sicherungsseil an das Sitzteil gebunden. Zur Eigensicherung trägt der Jäger einen Klettergurt, der mit einem Sicherungsseil, das um den Stamm geschlungen wird, verbunden ist.
Ein Spanngurt (nicht im Lieferumfang enthalten) hat sich bewährt als Sicherung des Sitzteils in der Höhe am Baum. Ein Handy sollte man für alle Notfälle immer dabei haben!!!

Der KS ist ca. 9 kg schwer und mit einem Tragegurt ausgestattet, der ein bequemes transportieren auf dem Rücken, auch über weitere Strecken, ermöglicht. Beide Hände sind frei und sowohl ein kleiner Rucksack, als auch die Waffe können bequem gehandhabt werden.

Wie komme ich jetzt aber den Baum hoch:

Zuerst wird das Fußteil am Baum eingehängt, dabei wird darauf geachtet, dass in der untersten Position sowohl das Fußteil als auch das Sitzteil etwas schräg (zum Baum hin gekippt) eingehängt wird. Schräg deshalb, weil sich der Baumdurchmesser nach oben verringert. Sind beide Teile oben, sind sie in der Waagerechten. Den Blick dafür, wie schräg ich unten beginnen muss um oben waagerecht zu sein, ist nach ein paar Einsätzen schnell vorhanden.
Bevor es nach oben geht, sind beide Teile mit einem Seil zu verbinden! Denn sollte das Fußteil einmal wegkippen und herunterrutschen, so wird es abgefangen und kann wieder hochgezogen und verklemmt werden. Das ist wichtig, denn um sich bewegen zu können sind beide Teile notwendig. Ansonsten hilft nur noch das Handy.
Weiterhin ist das persönliche Sicherungsseil, das um Stamm geschlungen wird, mit dem Klettergurt zu verbinden. Den Spanngurt nicht vergessen mitzunehmen! Das Gewehr wird mit dem Zielfernrohr nach unten quer über das Sitzteil gelegt. Durch den tiefen Schwerpunkt verrutscht es dann nicht. Mit etwas Geschick, kann man die Waffe sogar beim Heben des Sitzteils zusätzlich festhalten.

Nun kann es nach oben gehen: Abwechselnd werden Sitz- und Fußteil nach oben bewegt. Dazu wird die Spannung aus dem Sitzteil genommen und es weiter nach oben gehoben. Dort wird es durch das Körpergewicht (aufstützen) wieder verklemmt. Anschließend wird das Fußteil, in dem die Füße eingespannt sind, mit den Beinen hochgezogen, geht einfacher als vermutet. Danach wieder das Sitzteil hochheben… So geht es abwechselnd in die Höhe. Man sollte die Sache langsam angehen, im Winter evtl. auch die äußere Jacke ausziehen, denn dick eingepackt kommt man doch ins Schwitzen.

Ist die gewählte obere Position erreicht, erhält man ein ganz anderes Blickfeld, als am Boden erwartet wurde. Es sollte daher noch eine Feinpositionierung erfolgen, das Drehen des KS um den Stamm herum ist kein Problem und erfolgt bei etwas Routine bereits beim Hochgehen.
Jetzt sollte noch der Spanngurt angebracht werden, der das Sitzteil vom seitlichen Wegkippen sichert. Das ist vom Hersteller eigentlich nicht vorgesehen, hat sich aber bewährt und stabilisiert den Sitz zusätzlich. So fühlt man sich sicher und kann sich auf das Jagdgeschehen konzentrieren.
Benötigt man z.B. noch weitere Utensilien, so kann man mit einer längeren Schnur noch einen größeren Rucksack hochziehen. 

Trotz der kleinen Fläche, ist der KS recht bequem. Es ist ohne weiteres möglich, dort längere Zeit auszuharren, unterstützt durch Positionswechsel: Stehen, Sitzen auf dem Polster, Sitzen auf dem Rundumbügel bei gleichzeitigem beobachten/sichten nach „hinten“.

Was sonst noch zu bemerken wäre:

  • Die Trefferlage von oben kann Fleck auf die Kammer erfolgen.
  • Ist das Wild zu dicht dran, ist ein Nachziehen mit dem Zielfernrohr (Zoom 3) nicht ganz einfach.
  • Bei einer Drückjagd beziehen die „Klettersitzler“ ihre Position vor der Hauptgruppe und während sich die Hauptgruppe sammelt, fallen bereits die ersten Schüsse.


Man könnte meinen, dass nur junge, sportliche Menschen für den Einsatz von Klettersitzen geeignet sind. Dies ist nicht der Fall. Auch so mancher „untersetztere Typ“ ist inzwischen ein begeisterter und erfolgreicher Klettersitzler!

Ein bedeutender Teil der Jagdstrecke wird in meinem Umfeld inzwischen mit Hilfe der Klettersitze erzielt und die Sicherheit durch den sicheren Kugelfang gleichzeitig erhöht. Die KS haben sich damit zu einem bedeutenden Mosaikstein im Jagdkonzept entwickelt.

Der Preise für einen Klettersitz liegt bei ca. 450 € incl. eines Sicherungsgurtes. Getestet wurde der Summit Viper.

Mario Reißner   

Bilder: Daniel Reißner