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Buchbesprechung von B. Mall zu Dr. Georg Meisters "Die Zukunft des Waldes"

Georg Meister hat ein wichtiges Buch geschrieben. Auf 240 Seiten stellt er die problematische Lage des deutschen Walds umfassend und kenntnisreich dar. Sein Schluss: Nach wie vor ist die Leistungsfähigkeit des Walds für das Gemeinwohl durch Profitgier und Neofeudaljagd massiv gefährdet. Nur mit klaren Zielen kann dagegen vorgegangen und dem Wald geholfen werden. Dass dies auch heute möglich ist, zeigt Meister an Beispielen: Mit gutem Willen kann den wirtschaftlichen Zielen der Waldeigentümer und den Bedürfnissen der Gesamtbevölkerung Rechnung getragen werden.
Die zentralen Probleme spricht Hubert Weiger bereits im Vorwort klar an: Aus den urwüchsigen Laubmischwäldern Deutschlands sind durch Übernutzungen und Belastungen überwiegend eintönige Fichten- und Kiefernforste geworden. Die können aber sehr wohl zu naturnahen Mischwäldern entwickelt werden.  Dazu ist es allerdings notwendig, den Wald von den Folgen der Refeudalisierung der Jagd zu befreien. Die Fehlorientierung zur steuerlich begünstigten Katastrophenforstwirtschaft ist durch eine auf umfassende Nachhaltigkeit gerichtete Waldnutzung zu ersetzen. Die personelle Ausblutung der Waldbetreuung vor Ort muss rückgängig gemacht werden.
Die besten Lehren für den Waldumbau können - so Meister - aus den natürlichen Entwicklungen im Urwald gezogen werden. Dem Lernen aus der Natur stehen allerdings oft jagdliche Vorurteile und Borniertheit entgegen. Das Anliegen, den Wald aufzuräumen und Rehe und Hirsche zu hegen und zu füttern, beherrscht nach wie vor häufig die Köpfe der Waldbesucher.  
Demgegenüber sieht Meister in einer fortschrittlichen Waldwirtschaft ein Vorbild für optimale Kreislaufwirtschaft. Einleuchtend behandelt er Anpassung und Vielfalt der Naturwälder im Laufe der Waldgeschichte. Ausführlich werden die Aufgaben der Wälder als CO2-Speicher, als Schutz vor Erosion und Humusschwund, vor Steinschlag und Lawinen, als Trinkwasserreservoir und Hochwasserschutz dargestellt.   
Zu Meisters Stärken gehören seine anschaulichen und aussagekräftigen Bilder z. B. zu Waldentwicklungen über viele Jahre, zur Verdeutlichung von Verbiss an Zaungrenzen und zu Wildschäden aller Art. Sein Einblick in die internen Grabenkriege zur Erhaltung der waldschädlichen Trophäenjagd beleben seine Darstellung ungemein. Schade, dass die eklatanten Sehfehler der Forst- und Jagdverwaltungen zulasten des Waldes – z. B. in Mittelfranken – nicht ausführlich gewürdigt werden.


Eindrucksvoll wird die Bedeutung der unabhängigen Berichterstattung sachkundiger und mutiger Presseorgane  (z. B. der Süddeutschen Zeitung) herausgestellt. Hier wäre ein Hinweis auf die Rolle des Deutschen Jagdmuseums in München (vom NS-Verbrecher Christian Weber 1938 gegründet und erst kurz vor der 75-Jahrfeier nach der einschlägigen Berichterstattung der SZ von den unkommentiert präsentierten Geweihen der Trophäenjäger Göring und Frevert befreit) angebracht gewesen.
Meisters eindrucksvollem Buch ist eine weite Verbreitung zu wünschen. Zu hoffen ist, dass seine Forderungen zur Waldbehandlung ankommen und umgesetzt werden. Vielleicht gelingt es ja, schon in einer bald folgenden Neuauflage erste Fortschritte für den Wald feststellen zu können. Als objektive Grundlage möglicher Verbesserungen könnte eine länderübergreifende Erfassung der Wildschadenssituation (wie sie bereits früher in der Bundeswaldinventur versucht wurde) gehören. Auch die Übernahme der Ergebnisse bereits in einzelnen Bundesländern durchgeführter Erhebungen der Verbisschäden in Gutachten und die Verdichtung in jährlichen revierweisen Aussagen auf der Grundlage von Traktaufnahmen (z.B. im Landkreis Miesbach) sind eine wichtige Voraussetzung für weitere Fortschritte in der Wald-Wildfrage. Die von Meister zu Recht kritisierte unpraktikable Wildschadensrechtslage im Wald kann und sollte z. B. schon jetzt durch vertragliche Vorsorge im Anhalt an das „Rosenheimer Modell“ verbessert werden.


Bernhard Mall