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Buchbesprechung „Das Trittsteinkonzept“

„Das Trittsteinkonzept – Naturschutz-integrative Waldbewirtschaftung schützt die Vielfalt der Waldarten“ von Ulrich Mergner ist 2018 im Euerbergverlag erschienen. Mergner, Leiter des Forstbetriebs Ebrach der Bayerischen Staatsforsten, beschreibt auf rund 140 Seiten das von ihm seit 12 Jahren im Steigerwald praktizierte sog. Trittsteinkonzept. Dieses Konzept integriert den Waldnaturschutz in die Bewirtschaftung von Wäldern. Ziel dieses naturschutz-integrativen Waldbewirtschaftungskonzept ist es die Vernetzung von Arten auf ganzer Fläche zu fördern und so auch in bewirtschafteten Wäldern die Biodiversität zu erhalten bzw. zu erhöhen.


Der Autor erläutert in den ersten Kapiteln die Hauptelemente des Trittsteinkonzepts: den Biotopbaum, das Totholz, den Waldtrittstein und das Naturwaldreservat. Dabei wird der Fokus des Lesers immer wieder auf einzelne Habitatstrukturen, z.B. verschiedenste Höhlen, freiliegendes Holz oder Pilzfruchtkörper, gelenkt, die einzelnen Arten wiederum als sog. Mikrohabitate dienen. Alle Hauptelemente mit ihren Mikrohabitaten fungieren als Trittsteine im Wald. Verschiedenste Waldarten nutzen diese Trittsteine als Lebensraum und können sich darüber weiter ausbreiten und vernetzen. Zur Etablierung und Umsetzung des Trittsteinkonzepts gibt der Autor zahlreiche Beispiele und Empfehlungen aus der Praxis. Offen und kritisch setzt sich der Autor auch mit den wirtschaftlichen und naturschutzfachlichen Auswirkungen für einen Forstbetrieb und die Waldfläche auseinander. 


Die einzelnen Kapitel bauen aufeinander auf, so dass es für den Leser gut nachvollziehbar ist, wie das Trittsteinkonzept als Gesamtkonzept entsteht und auf der Fläche wirkt. Für ein gutes Verständnis sorgt außerdem, dass in allen Kapiteln die wichtigsten Informationen bzw. Definitionen sowie Tipps für die Praxis nochmals gesondert hervorgehoben sind. Der Leser erhält so eine kompakte Zusammenfassung der wichtigsten Inhalte. Anschauliche Zeichnungen fördern das Verständnis zusätzlich. Durch seine langjährige Erfahrung mit dem Trittsteinkonzept schafft Mergner einen authentischen und überzeugenden Bezug zur Praxis. Wissenschaftliche Untersuchungen untermauern das Konzept.   


Das Buch eröffnet eine neue Perspektive auf den einzelnen Baum sowie den Wald als Ökosystem und schärft das Bewusstsein für naturschutzfachlich relevante Baummerkmale. Der Autor zieht dabei immer wieder den Vergleich zur gängigen forstlichen Praxis und arbeitet die Unterschiede zu einer naturschutz-integrativen Waldbewirtschaftung anschaulich heraus.


Dem Leser wird jedoch auch klar, dass ein solches Waldbewirtschaftungskonzept wie das beschriebene Trittsteinkonzept nicht ohne sorgfältige Überlegungen und persönliches Engagement erfolgreich umgesetzt werden kann. Wer den Schutz des Waldes und die Bewirtschaftung des Waldes zielführend und überzeugend kombinieren will, stellt sich einer großen Herausforderung und beschreitet neue Wege. Der Autor benennt dabei klar, dass der integrative Waldnaturschutz auch wirtschaftlichen Verzicht bedeutet und neue Aufgabenstellungen in der Bewirtschaftung der Wälder, wie beispielsweise die Frage der Arbeitssicherheit, mit sich bringt.


Der Zielkonflikt zwischen Holznutzung und Naturschutz, also die unterschiedlichen Interessen und Ansprüche an den Wald, wird vom Autor prägnant und verständlich skizziert. Das Trittsteinkonzept scheint dabei eine intelligente und für beide Seiten tragbare Lösung für nahezu jede Waldfläche zu sein. Es ist ein Kompromiss, der Schützen und Nutzen auf gleicher Fläche möglich macht. Das Buch ist ein Muss für jede oder jeden, der oder dem ein arten- und strukturreicher Wald am Herzen liegt, egal ob Forstleute, Naturschützer oder interessierte Waldbesucher. Wer sich auch in der Praxis von dem Konzept überzeugen will, dem empfehle ich einen Besuch im Steigerwald und bei Ulrich Mergner, einem außergewöhnlichen Forstmann. Die Wälder des Forstbetriebs Ebrach weisen dank des praktizierten Trittsteinkonzepts eine enorme Artenvielfalt auf und zeigen, dass auch bewirtschaftete Wälder ein Hotspot der Biodiversität sein können. Gerade in Zeiten, in denen das Artensterben stetig voran schreitet, sind innovative Ansätze wie das Trittsteinkonzept im Wald ein Weg in die richtige Richtung. Es wäre wünschenswert, wenn dieses flexible und herausragende Konzept noch stärkeren Einzug in die Waldbewirtschaftung hält und von Forst und Naturschutz gleichermaßen mitgetragen wird.

Rebekka Kornder