Aktuell
Der ÖJV auf der Jagen und Fischen in Augsburg am 16. Januar 2020

Gleich am ersten Tag der „Jagen und Fischen 2020“ fand eine Podiumsdiskussion mit Landesjagdverbänden, Jagdwissenschaftlern und Wildbiologen statt.
Für Erstere trat Herr Thomas Schreder, Vizepräsident des Bayerischen Jagdverbandes (BJV), für die Wissenschaft Herr Prof. Dr. Klaus Hackländer von der Universität für Bodenkultur Wien
und als Wildbiologin Frau Dr. Christine Miller auf. Weil sowohl die Bayerische Forstverwaltung als auch die Bayerischen Staatsforsten nicht auf das Podium wollten, übernahm Dr. Wolfgang Kornder,
Vorsitzender des Bayerischen Ökologischen Jagdverbandes (ÖJV), den Part für den Wald.
Zunächst ging es um die Wildschweine und mögliche Maßnahmen gegen die Afrikanische Schweinepest (ASP). Sowohl der BJV als auch Frau Dr. Miller lehnen schärfere Maßnahmen ab und warnen vor einem
„Vernichtungsfeldzug“ und „Draufhauen“ auf die Wildschweine. Prof. Hackländer glaubt überraschenderweise, dass mit unseren Jagdmethoden das Problem der Überpopulation nicht gelöst werden kann und
bezweifelt z.B., ob der normale Jäger einen Saufang tierschutzgerecht organisieren kann.
Dr. Kornder nennt dagegen Beispiele für den tierschutzgerechten Einsatz des Saufangs und spricht sich auch für die Nachtzieltechnik aus. Seiner Meinung nach könnten die Jäger im Interesse der
Landwirte durchaus einen wichtigen Beitrag zu Reduktion der Schwarzwildschäden im Feld leisten.
Als weiteres Thema bringt Dr. Kornder die Bedeutung der Jagd auf Reh- und Rotwild für den Wald ins Gespräch. Das ist ein Schwerpunkt für den ÖJV. Die Jagd hat auch eine dienende Funktion für die
Gesellschaft, der Wald ist darüber hinaus auch ein Wirtschaftswald. Prof. Hackländer nimmt das Thema verschiedentlich während der Diskussion auf. Er hebt u. a. auf den „Lebensraum“ ab. Bezüglich
der Rehwilddichte im Wirtschaftswald meint er interessanterweise, dass es eher „Forst vor Wild“ statt wie im bayerischen Waldgesetz „Wald vor Wild“ heißen sollte. Rehwilddichte und Waldbau
müssten zusammenpassen. Man könne die Rehwilddichte an den Lebensraum anpassen.
Die Verbesserung der Wildtierlebensräume ist auch in den Augen von Frau Dr. Miller und Herrn Schreder wichtig. Frau Dr. Miller will das gegenüber der Gesellschaft besser kommuniziert wissen. Von
einer Reduktion der Schalenwildbestände zur Lebensraumverbesserung war nicht die Rede.
Prof. Hackländer kritisiert, dass sich die derzeitige Jagd einseitig auf Wildschwein, Reh und Hirsch konzentriert. Verlierer sind der Hase und das andere Niederwild. Hier wären viel mehr
Anstrengungen auch der Jagd zur Erhaltung einer vielfältigen Kulturlandschaft nötig. Das sei anstrengend, während es bei den Wildschweinen eher einfach sei: Wildschwein = wenig Aufwand, viel
Spaß.
Alle Diskutanten sind sich beim Niederwild mehr oder weniger einig. Dabei legt Herr Schreder den Schwerpunkt auf die Reduktion der Prädatoren. Aber es ist Konsens, dass das Rebhuhn ein Indikator
für einen vielfältigen Lebensraum im Feld ist. Hier gibt es viel Verbesserungsbedarf.
Wesentlich kontroverser war die Diskussion bei der Beurteilung der Ausbreitung von Luchs und vor allem Wolf. Herr Schreder weist darauf hin, dass der Wolf die Muffel- und Damwildvorkommen in
seinem Bereich ausrottet. Beim Rotwild gäbe es voraussichtlich Probleme mit den bayerischen Rotwildgebieten, aus denen das Rotwild dann hinauswechseln würde. Ins Jagdrecht sollte seiner
Meinung nach der Wolf nicht.
Prof. Hackländer sieht die Sache eher entspannt. Man hätte halt 150 Jahre keine Erfahrung mehr mit dem Wolf. Die von den Jägern befürchtete starke Regulierung der Schalenwildbestände würde
seiner Meinung nach vermutlich nicht so gravierend ausfallen. Probleme wird es natürlich mit der Landwirtschaft, Stichwort „Herdenschutz“, geben - und auch mit den Wildfütterungen! Er ist
auch für ein Management der Wolfsbestände. Wegen der großräumigen Jagd der Wolfsrudel könnte es eventuell auch zu Schwierigkeiten mit unserem kleinteiligen Reviersystem kommen.
Dr. Kornder steht wie Prof. Hackländer der Wiedereinwanderung des Wolfes grundsätzlich eher positiv gegenüber.
Die Diskussion wurde vorbildlich von einem Mitarbeiter der Messeleitung moderiert. Während Frau Dr. Miller und Herr Schreder den Schwerpunkt ihrer Diskussionsbeiträge auf die Erhaltung von
Sozialstrukturen bei den Wildtieren, die Vermeidung von Tierleid u.Ä. legten und u. a. auf Art. 20a GG verwiesen, verdeutlichte Dr. Kornder, dass es ja dort nicht nur um den wichtigen Schutz der
„Tiere“, sondern genauso auch um den Schutz der „natürlichen Lebensgrundlagen“ geht.
Insgesamt ein engagierter Diskussionsbeitrag unseres Vorsitzenden im Sinne der Ziele des ÖJV.
Gefertigt: Dr. Walter Mergner