Waldfreundlicher Musterjagdpachtvertrag für zukunftsfähige Wälder

Im Rahmen des Projektes WILD – WALD – INNOVATION (WiWaldI) hat die Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft (ANW) e. V. einen Musterjagdpachtvertrag zur Unterstützung von Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzern bundesweit entwickelt.

Um Waldlebensräume zu erhalten, werden im Projekt Lösungen für die Entwicklung vielfältiger, im Klimawandel widerstandsfähiger und resilienter Waldökosysteme mit jagdlichen und waldbaulichen Mitteln erarbeitet. Jagdgenossenschaften spielen als Verpächter des Jagdrechts auf ihren Flächen eine entscheidende Rolle bei der Schaffung von Rahmenbedingungen für die Entwicklung klimaresilienter Mischwälder.

 

„Regiejagd und Eigenbewirtschaftung sind derzeit in vieler Munde. Gut so! Doch noch ist in der bundesrepublikanischen Jagdlandschaft die Verpachtung des Jagdrechts durch die Jagdgenossenschaften die Regel“, stellt Kay Hagemann fest, der den Musterjagdpachtvertrag maßgeblich mit erarbeitet hat. „Vielen Jagdgenossen ist nicht bewusst, dass sie mit der Gestaltung ihrer Jagdpachtverträge einen wichtigen Hebel für die Unterstützung einer zukunftsfähigen und rentablen Waldentwicklung auf ihren Waldflächen in der Hand haben.“

Eine bundesweite Herausforderung bei der Entwicklung klimaresilienter Wälder sind die nicht angepassten Wildbestände: Deutschland hat eine der höchsten Schalenwilddichten der Welt. Insbesondere die Naturverjüngung und ungeschützte Pflanzungen der für einen klimaresilienten Waldumbau so wichtigen Mischbaumarten werden vielerorts vor allem von Reh-, Rot- und Damwild verbissen oder geschält. Regional spielt auch Muffel-, Gams- oder Sikawild eine Rolle. Als Folge bleibt häufig nur noch eine Baumart – je nach Region Fichte oder Kiefer – übrig. Eine Baumart allein ist aber aufgrund der mit ihr verbundenen Risiken keine zukunftsfähige Option. Der Schlüsselfaktor für die Entwicklung stabilerer, gemischter, klimaresilienter Wälder sind daher angepasste Schalenwildbestände. Die Jagd kann und muss hierauf Einfluss nehmen und trägt daher eine entscheidende Mitverantwortung für den Waldumbau im Klimawandel. Den Waldbesitzenden – seien sie Jagdgenossen oder Eigenjagdbesitzer – obliegt es, waldbauliche Ziele für ihren Wald vorzugeben. Der vorliegende Musterjagdpachtvertrag ist ein entscheidendes Werkzeug, diese Waldziele zu erreichen.

 

Der WiWaldI-Musterjagdpachtvertrag ist Teil eines Arbeitspakets im ANW-Teilvorhaben im Projekt WiWaldI, das sich mit der Entwicklung von Werkzeugen zur Unterstützung von Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzern beschäftigt. Am Beispiel einiger Jagdgenossenschaften in den Pilotregionen des Projektes wird untersucht, welche Faktoren zu einer erfolgreichen Vertretung und Umsetzung von Waldbesitzerinteressen beitragen. Auf der Basis verschiedener bereits existierender Musterjagdpachtverträge und realer Jagdpachtverträge, in denen bereits Regelungen für eine waldförderliche Bejagung implementiert sind, wurde nun eine Art „Best-of“-Baukasten entwickelt. Dieser wird sowohl den verschiedenen Ausgangslagen und landesspezifischen Regularien weitestgehend gerecht, darüber hinaus ermöglicht er die Anpassung an individuelle Bedürfnisse und örtliche Gegebenheiten. Zahlreiche Abstimmungsrunden und Konsultationen mit Forstleuten, Waldbesitzenden und Juristen waren nötig, um praktikable Lösungen und Formulierungen zu finden. Zur inhaltlichen Unterstützung wird zusätzlich eine Praxishilfe bereitgestellt, die Hintergrundinformationen und nähere Erläuterungen zu vielen Paragrafen und Fragestellungen liefert.

 

Integraler Bestandteil des WiWaldI-Musterjagdpachtvertrages ist als Anhang eine Checkliste/ Protokollvorlage für den Waldbegang. Der jährliche gemeinsame Waldbegang ist ein wirksames und allgemein anerkanntes Mittel, um die Kommunikation zwischen Pächter und Verpächter zielführend und verbindlich zu gestalten. Allerdings findet er oft ohne Rahmen und Dokumentation getroffener Absprachen statt. Das im Rahmen von WiWaldI entwickelte Protokoll bietet eine Vorlage, um den Waldbegang zu strukturieren, das vergangene Jagdjahr zu evaluieren und neue Ziele zu formulieren. Unsere Protokollvorlage erfüllt auch die Ansprüche von PEFC hinsichtlich der schriftlichen Dokumentation eines Waldbegangs.

 

Musterjagdpachtvertrag, Praxishilfe und und Protokoll des Waldgegangs als Download

 

 


WILD – WALD – INNOVATION (WiWaldI) ist ein Modell-Projekt für die Entwicklung vielfältiger und resilienter Mischwälder in Deutschland durch an den angestrebten Waldzustand angepasste waldbauliche und jagdliche Mittel. Die Wissenschaft untersucht dazu gemeinsam mit Praktikerinnen und Praktikern in acht Untersuchungsgebieten bundesweit, welche Auswirkungen Schalenwild in Deutschland auf die Verjüngung und damit auf die zukünftige Stresstoleranz von Waldökosystemen im Klimawandel hat.

Ziel des Verbundprojektes ist es, durch engen Praxisbezug die für den Wald Verantwortlichen für die klimawandelbedingten Belastungen des Waldes zu sensibilisieren und ihnen praxisorientierte waldbauliche und jagdliche Lösungsvorschläge und Steuerungsmöglichkeiten für die Erhaltung und erfolgreiche Verjüngung stabiler Wälder anzubieten.

 

Verbundpartner: Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft Deutschland (ANW) e. V. (Projektkoordination), Georg-August-Universität Göttingen, Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen, Technische Universität Dresden, Technische Universität München

 

Untersuchungsgebiete: Baden-Württemberg, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nord-rhein-Westfalen, Saarland, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen

 

Gefördert wird das Projekt mit fünfjähriger Laufzeit (01.07.2022 – 30.06.2027) durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) aus Mitteln des Waldklimafonds. Projektträger ist die Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR).

 

 

www.wild-wald-innovation.de