Würdigung und Laudatio des ÖJV-Landesvorsitzenden Wolfgang Kornder

von Dr. Ralf Straußberger (BN-Wald- und Jagdreferent), anlässlich der Amtsübergabe am 02. März 2024 in Freising

 

Sehr geehrte Damen und Herren, lieber Wolfgang,

 

heute geht in Freising eine Ära im ÖJV Bayern zu Ende. Eine Ära, die Du, lieber Wolfgang für mehr als zwei Jahrzehnte als Landesvorsitzender entscheidend geprägt hast. Nachdem die ersten drei Landesvorsitzenden ja alle Forstwissenschaftler waren, hätte man das vielleicht von einem evangelischem Theologen so nicht erwartet, der den ÖJV nunmehr doppelt so lang leitet wie drei ersten Vorsitzenden zusammen. Um Deine Leistungen für eine ökologisch orientierte Jagd einordnen zu können, möchte ich zuerst auf die Gründungsphase des ÖJV zurückblicken. 

 

Die die Wurzeln des ÖJV liegen in der Sorge um die Waldverjüngung, in der Unzufriedenheit mit der althergebrachten Jagd. Eine Jagd, die versuchte ihr Versagen im „Kerngeschäft“ durch eine pompöse Schutzheiligenverehrung und durch Trophäenkult zu überdecken. Mit dem waldzerstörenden Verbiss durch Reh, Hirsch und Gams war man aber nicht nur in der Forstwissenschaft, im Forst unzufrieden, sondern auch im Naturschutz. Es bildeten sich Allianzen. Gerade Richard Plochmann war es, der eine grüne Allianz für den Wald zusammenführte. Mitstreiter waren die Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft (ANW), der BUND Naturschutz, deren Beiratssprecher Plochmann war, die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) unter dem waldverbundenen Landtagspräsidenten Hanauer und die Gruppe Ökologie unter ihrem damaligen Sprecher Konrad Lorenz.

Nach dem europäischen Naturschutzjahr 1970 herrschte Aufbruchstimmung bei Themen wie dem ersten deutschen Nationalpark, dem Waldsterben und dem Bayerische Waldgesetz und auch bei der Jagd. Die Idee für einen alternativen Jagdverband kam im Zusammenhang mit dem Grundgedanken auf, dass sich Wälder ohne Zaunschutz in ihrer natürlichen Zusammensetzung erneuern können müssen. Dieses Ziel vertrat auch Forstminister Hans Eisenmann. Letztlich dauert es aber bis 2005, dass der Grundsatz Wald vor Wild im Waldgesetz verankert wurde. Der Verbiss darf nicht dazu führen, dass sich die natürliche Waldvegetation nicht entwickeln kann. Der BN hat schon sich damals im AK Wald gemeinsam mit SDW und ANW stark für diese Position eingesetzt. Auch damals gab es starken Gegenwind vom BJV, der sich beim „Waldsterben von unten“ reformunwillig und reformunfähig zeigte. Die Schlussfolgerung war, dass es einen eigenen Jagdverband braucht, der den ökologischen Gedanken aufgreift. So wurde der Sprecher des BN-AK Wald und BN-Beiratssprecher Prof. Richard Plochmann erster Vorsitzender des ÖJV. Weil das Geld rar war, hat der BN für eine ÖJV-Geschäftsstelle seine Räume der eigenen Geschäftsstelle zur Verfügung gestellt. Erster ÖJV-Geschäftsführer war ehrenamtlich der damalige BN-Beauftragte für Südbayern Dieter Popp. 

 

Seit der Gründung 1988 besteht eine sehr gute Partnerschaft zwischen BN und ÖJV. Dafür stehen die Namen Dr. Georg Meister, Georg Sperber oder Hans Kornprobst, die sich in beiden Verbänden engagierten oder die BN-Vorsitzenden von Hubert Weinzierl, Hubert Weiger bis hin zu Richard Mergner heute. Seit 1999 stehst Du, lieber Wolfgang als Landesvorsitzender dem ÖJV Bayern vor. In diesen Jahren hat sich der ÖJV ein Stück weit gewandelt, emanzipiert, geöffnet und breiter aufgestellt. Unabhängiger von Förstern und auch vom BN. Ich denke, dass ist auch gut so, dass sich der ÖJV breiteren Schichten geöffnet hat und neue Themen erschlossen hat, wie z.B. das Hundewesen. Dies lässt sich auch ganz klar an der Mitgliederzahl ablesen, die von wenigen 100 Mitgliedern Ende der 90er Jahren auf über 1300 anstieg.

 

Seit 2002 darf ich das Thema für den BN als Jagdreferent begleiten und hatte da natürlich viele Schnittpunkte mit dem ÖJV, vor allem mit Dir, Wolfgang. Es gab über die Jahre hinweg viele Initiativen, viele auch als Bündnis: Exkursionen, Pressekonferenzen, Pressefahrten, gemeinsame Briefe, Papiere und Treffen. Viele dieser Aktionen und Ideen, lieber Wolfgang, gingen auf Deine Initiative zurück. Du hast vieles neu angestoßen, auf den Weg gebracht.

 

 

Lieber Wolfgang, ich konnte nur einige Punkte anreißen, die der ÖJV mit dir als Landesvorsitzenden auf den Weg gebracht hast. Viele, die in den Strukturen des ÖJV noch stärker verankert sind als ich, wissen, wieviel Zeit und Engagement du in den letzten 25 Jahren in den ÖJV investiert hast. Dafür musste deine Familie sicher auch manchmal zurückstecken, auch dafür gebührt ihnen unser herzlicher Dank! 

 

Für manche, vielleicht sogar die meisten „Investitionen“, Aktionen, lässt sich nicht sofort ein Erfolg einfahren, eine Rendite verbuchen. Das ist auch nicht verwunderlich, wenn man sich die Positionen der Regierungsparteien zu Wald und Jagd anschaut. Aber trotzdem ist es gelungen, Jahr für Jahr immer mehr Waldbesitzer, Jagdgenossenschaften und Jäger für unsere Sache zu gewinnen. In der Jagdpolitik ist es anders als auf der Jagd, wo man oft schnell handeln muss, um zum Erfolg zu kommen. In der Jagdpolitik zählt die Ausdauer, zählt das Dranbleiben, auch gegen Widerstände, auch wenn man vor Ort im Wald manchmal allein mit seinen Positionen da steht - oder im Ministerium mal wieder gegen Wände läuft.

 

Und so trägt deine kontinuierliche, langjährige Arbeit Früchte, ob in der Ausbildung, in den verschiedenen Regionalgruppen und Fachkreisen. Ich denke, lieber Wolfgang, du hinterlässt einen wohlbestellten Jagdverband. Trotzdem, ein paar Sachen hat der ÖJV nicht geschafft: So hat der ÖJV sicher nicht den schönsten Neujahrsempfang. Er hat nicht die meisten jagenden Abgeordneten unter seinen Mitgliedern und er wird auch nicht mit Millionenbeträgen Jahr für Jahr alimentiert wie andere Jagdverbände.

Aber der ÖJV  vertritt klare Positionen zu einer ökologisch orientierten, waldfreundlichen Jagd, zu Wildfütterung, Trophäenkult, Jagdzeiten, jagdbaren Tierarten, Jagdarten u.v.m. Lieber Wolfgang, vielen Dank dafür!

 

 

Wichtig ist hier natürlich zu sagen, dass du das nicht alleine vollbracht hast, sondern im Team mit vielen anderen, im Team einer wachsenden und engagierten ÖJV-Familie. Zusammen mit dem Vorstand, der Geschäftsstelle, den Regionalgruppen und Arbeitskreisen. Ihnen allen möchte ich herzlich danken für Ihr Engagement für eine ökologische Jagd! Wir sind uns sicher alle bewusst, dass dieses Engagement für eine waldfreundliche Jagd weitergehen muss. Es liegt nun an anderen, diese erfolgreiche Arbeit fortzuführen.

 

Ich darf wieder zurückkommen auf Gründungsphase des ÖJV und das breite gesellschaftliche Bündnis, das dahinterstand. Diese Bündnisse, lieber Wolfgang, hast auch Du immer gesucht. Z.B. mit dem BN, mit der ANW und dem Forstverein. Aber auch mit der Grundeigentümerseite, mit dem Bauernverband, Waldbesitzerverband, den Forstbetriebsgemeinschaften und Waldbesitzervereinigungen. Diese Bündnisse, da sind auch wir im BN der Meinung, sind wichtig, um in der Sache weiterkommen.

 

Lieber Wolfgang, ich darf Dir sehr herzlich danken, im Namen des BUND Naturschutz in Bayern, aber auch persönlich, für die sehr gute, freundschaftliche Zusammenarbeit einerseits, aber auch für die vielen Aktivitäten, die du für eine waldfreundliche Jagd, für zukunftsfähige Wälder in Bayern und darüber hinaus angestoßen hast. Herzlichen Dank!

 

Ich freue mich auf eine weitere sehr gute Zusammenarbeit mit dir auf der Bundesebene, wo mir scheint die Bretter fast noch dicker sind als in Bayern. Wir wünschen dir auch für deine Position als ÖJV-Bundesvorsitzender viel Erfolg! Ich freue mich auch eine weitere gute Zusammenarbeit mit dem ÖJV in Bayern unter einer neuer Führung.

 

 

Dr. Ralf Straußberger, BN-Wald- und Jagdreferent. Freising, den 02.03.2024