Antrag auf Schonzeitverkürzung

Das Thema Schonzeitverkürzung bei Rehwild hat in den vergangenen Jahren die Jagdbehörden und Gerichte in Bayern beschäftigt. Antragsteller wollten erreichen, dass die Jagd auf Rehwild bereits Anfang oder Mitte April ausgeübt werden kann, wenn die Aktivität des Rehwilds besonders hoch ist und die Vegetation im Wald erst beginnt auszutreiben und Wild somit sichtbarer ist.

 

Da die Jagdbehörden offensichtlich auch in diesem Jahr viele Anträge zur Schonzeitverkürzung und Klagen dagegen erwarten, hat das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie (StMWi) in einem Schreiben Hinweise zum Vollzug des Jagdrechts, insbesondere zur Verkürzung von Schonzeiten des Rehwilds gegeben. Das Schreiben richtet sich an die höheren Jagdbehörden (Regierungen) und unteren Jagdbehörden (Kreisverwaltungsbehörden) und soll einen einheitlichen Verwaltungsvollzug unterstützen.

 

Gesetzlicher Hintergrund

Das Bundesjagdgesetz regelt im § 22 die Jagd- und Schonzeiten. Die Länder können die Jagdzeiten abkürzen oder aufheben und Schonzeiten für bestimmte Gebiete oder für einzelne Jagdbezirke aus besonderen Gründen aufheben. Als besondere Gründe werden genannt:

  • Wildseuchenbekämpfung,
  • Landeskultur,
  • Beseitigung kranken oder kümmernden Wildes,
  • Vermeidung von übermäßigen Wildschäden,
  • wissenschaftliche, Lehr- und Forschungszwecke,
  • Störung des biologischen Gleichgewichts,
  • Wildhege

Die Aufzählung ist nicht abschließend. Das Bayerische Jagdgesetz listet diese Begründungen ebenfalls auf.

 

Argumentation im Antrag auf Verkürzung der Schonzeit

Von den möglichen Gründen kann in Bayern beim Rehwild die Vermeidung übermäßiger Wildschäden angeführt werden. Das StMWi gibt den Jagdbehörden dazu folgende Hinweise:

  • Es muss sich um einen konkreten Wildschaden handeln, der das übliche Maß von Wildschäden erheblich und im Umfang so übersteigt, dass er dem Geschädigten nicht mehr zuzumuten ist.
  • Die Verkürzung der Schonzeit muss dazu geeignet sein, Wildschäden dieses Ausmaßes zu vermeiden.
  • Für das konkrete Jagdgebiet sind überzeugende jagdliche oder forstliche Gründe dazulegen. Vorzeitiger Laubaustrieb ist i. d. Regel ein flächendeckendes Problem und nicht hinreichend spezifisch genug für eine Einzelanordnung.
  • Ergebnisse des Forstlichen Gutachtens können für die Argumentation hinzugezogen werden, reichen als Begründung aber nicht aus.

Schonzeiten sind wichtig, damit Wild nicht permanentem Jagddruck ausgesetzt ist. Ohne jagdliche Störungen ist Rehwild erfahrungsgemäß weniger heimlich, tritt tagsüber auf Freiflächen aus und lässt sich wunderbar beobachten. Wenn diese Phase verkürzt werden soll, muss das im konkreten Fall erforderlich, geeignet und angemessen sein.

 

Geeignet: Gelingt es mir während der Jagdzeit übermäßige Wildschäden durch eine Absenkung des Wildbestands oder Vergrämung zu begrenzen? Und verursacht die fehlende Bejagung im beantragten Zeitraum auf bestimmten Flächen dann übermäßigen Schaden? Im Schutzwald oder auf großen Verjüngungsflächen nach Kalamität kann dies beispielsweise der Fall sein.

 

Erforderlich: Lässt sich übermäßiger Wildschaden auch mit demselben Erfolg, aber einer milderen Maßnahme vermeiden? Z. B. Wuchshüllen oder Zäune? Erstere stellen Kunststoff im Wald da, den wir eigentlich vermeiden wollen. Und Zäune scheinen wieder in Mode zu kommen, obwohl lt. BayJG die natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen ermöglicht werden soll. Im Antrag sollte ggf. thematisiert werden, warum z.B. auf den konkreten Flächen auf Grund des Reliefs, der Schneelage oder der schieren Größe der Verjüngungsflächen Zäune nicht oder nicht mit zumutbarem Aufwand darstellbar sind. 

 

Angemessen: Im Jagdrevier dominieren Bestände mit geschlossenem Kronendach und nur auf einzelnen Teilflächen soll eine Verjüngung des Waldes eingeleitet werden? Oder die Verjüngung im Jagdrevier ist bereits auf großer Fläche gesichert? Dann ist ein Antrag auf Schonzeitverkürzung auf ganzer Fläche vermutlich schwer begründbar. 


Jägerinnen und Jäger des ÖJV Bayern haben in den letzten Jahren positive Erfahrungen damit gesammelt, Rehwild bereits im April nach Einzelanordnung zu bejagen. Rehe wählen ihre Reviere aus und sind sehr aktiv. Auch lassen sich Geiß und Schmalreh einfacher unterscheiden. Das erhöht den Jagderfolg!

Für eine erfolgreiche Jagd, vor allem in Wäldern mit üppiger Naturverjüngung, ist es aus der Erfahrung heraus aber auch wichtig, die Aktivitätsphasen des Rehwilds entsprechend zu nutzen. Schwerpunktbejagungen an besonders verbissgefährdeten Stellen sind weitere Möglichkeiten Wildschäden zu minimieren. Michael Bartl und Herbert Raßhofer haben dazu auch einen  interessanten Artikel für die Ökojagd geschrieben, der auf unserer Homepage ebenfalls veröffentlicht ist. 

 

Der ÖJV Bayern will keine schleichende Verlängerung der Jagdzeit, sondern setzt sich dafür ein, die Jagd auf Phasen mit hoher Aktivität des Wildes zu konzentrieren und die Jagdzeit effektiv zu verkürzen. Langfristig muss es aber das Ziel sein, vor allem auch im Hinblick auf den fortschreitenden Klimawandel, den Beginn der Rehwildbejagung auf Mitte April zu verlegen und eine Jagdpause im Juli einzulegen. Dies ist aber nur über eine Änderung des Bayerischen Jagdgesetzes sinnvoll zu realisieren.

 

Silvia Backhaus     Uwe Köberlein     Uli Haizinger