Kitzprojekt des ÖJV Bayern

Der ÖJV Bayern hat sich wiederholt mit dem Thema Kitzrettung beschäftigt. Nach unserer Erfahrung liegen in Revieren mit geringerer Rehwilddichte signifikant weniger Kitze in den Wiesen. Diese These wollten wir wissenschaftlich untersuchen lassen und sind deshalb auf die Hochschule Weihenstephan, Fakultät Wald und Forstwirtschaft, zugegangen. Unter der Leitung von Frau Dr. Martina Hudler ist so 2023 eine erste Bachelorarbeit von der Studentin Yvonne Kocher erstellt worden: 

Das Ablageverhalten von Rehkitzen (Capreolus capreolus) in Grünlandflächen - Ein Versuch in Revieren mit unterschiedlicher Rehwilddichte.

 

In dieser Studie wurden zwei Reviere, nämlich der Jagdgenossenschaft Wernsbach (Weihenzell) bei Ansbach und Zailach (Lehrberg, ebenfalls bei Ansbach), miteinander verglichen. Wernsbach wird seit 2003 vom ÖJV (bis 2019 von Hans Webersberger, ab 2019 von Dr. Wolfgang Kornder) bejagt, war immer „grün“ und in der letzten Beurteilungsperiode „günstig“ eingestuft. Die JG Zailach suchte aufgrund der immensen Rehwildschäden einen neuen Pächter. Dieses Revier wurde 2022-2023 von Rudolf und Dr. Wolfgang Kornder übernommen. 

 

Frau Kocher hat im Mai und Juni 2023 die ausgesuchten Wiesenflächen wöchentlich abgeflogen und die Ergebnisse ausgewertet. Ihre Zusammenfassung gibt diese wieder (S. 53): 

 

„Zusammenfassung 

 

Im Rahmen dieser Bachelorarbeit wird der These „in Jagdrevieren mit angepassten Rehwildbeständen liegen weniger Rehkitze in Wiesen als in Jagdrevieren mit zu hohen Wildbeständen“ nachgegangen. Dazu wurden die zwei Jagdreviere Zailach und Wernsbach bei Ansbach im Landkreis Ansbach hinsichtlich ihrer Wilddichte und der Zahl an abgelegten Kitzen in Wiesen untersucht. Es wurden dazu je Revier am 22.04.2023 drei Trakte für das Vegetationsgutachten angelegt. Zusätzlich wurden die Abschusspläne der Reviere analysiert. Die Datenerhebung zu den Kitzen fand im Mai und Juni 2023 statt. Hierfür wurden insgesamt 41 Flächen kartiert und wöchentlich mittels Thermaldrohne abgeflogen. Durch die Wärmesignatur der Kitze konnte deren Position bestimmt werden. Um weitere Daten zu Alter und Mobilität der Kitze zu erhalten, wurden diese anschließend in den Wiesen aufgesucht.

In Kartons werden die Kitze an einem schattigen Platz abgelegt und nach der Mahd dort wieder frei gelassen. Beim Verbringen in eine Kiste sollte das Kitz so kurz wie möglich (Kiste steht am besten direkt daneben) und immer mit Gras angefasst werden, damit es möglichst wenig menschliche Witterung annimmt. 

 

Die Auswertung der Daten ergab, dass im Revier Zailach die Wilddichte deutlich höher ist als die forstwirtschaftlich tragbare Grenze des Reviers. Im Revier Wernsbach wurde dagegen festgestellt, dass die Wilddichte des Reviers an die forstwirtschaftlich tragbare Grenze angepasst ist. Durch die Auswertung der Flugdaten konnte festgestellt werden, dass die meisten Kitze zu zweit in einer Wiese gefunden wurden. Dies ist auf die mittlere Setzgröße der Geißen (1,46 Kitze) zurückzuführen. Die Mobilitätsdaten ergaben, dass über den Untersuchungszeitraum hinweg vermutlich immer wieder die gleichen Kitze aufgefunden wurden. Zudem wurde festgestellt, dass vermeintliche Geschwisterkitze einen ähnlichen Bewegungsradius in den ersten Wochen aufzeigen. Auch konnte festgestellt werden, dass im Revier Wernsbach durchschnittlich 0,142 Kitze pro Hektar weniger gefunden wurden. Die statistische Auswertung ergab zudem, dass sich die Reviere hinsichtlich der Kitzfunde pro Hektar signifikant unterscheiden. Somit konnte die These dieser Arbeit verifiziert werden. Jedoch konnte anhand der erfassten Daten nicht endgültig erklärt werden, was der Grund für die geringeren Kitzfunde ist. Demnach muss weiterhin erforscht werden, ob die Ursache für die geringere Anzahl an Kitzfunden in Wiesen ausschließlich an der geringeren Wilddichte liegt oder ob sich die Präferenzen zu den Ablageorten der Geißen und Kitze aufgrund des höheren Jagddrucks geändert haben.“ 

 

Herzlichen Dank an Frau Kocher, die diese Arbeit erstellt hat. Wir werden das Projekt weiter betreiben, um längerfristig daraus Daten und Erkenntnisse zu gewinnen. Für 2024 haben sich bereits zwei Forststudenten gefunden, die diese Untersuchungen als Bachelorarbeit fortführen. 

 

Neben Einzelaspekten wie dem Ablageverhalten, Setzzeitpunkt, Mobilität der Kitze etc. ist es für uns auch eine spannende Frage, wie sich die Reviere nach mehrjähriger gleich intensiver Rehwildbejagung z.B. hinsichtlich der Verbissbelastung oder der Anzahl der Verkehrsunfälle entwickeln. 

 

Dr. Wolfgang Kornder 

(1.Vorsitzender ÖJV Bayern)

 

 

Mit Genehmigung der FLZ, Bericht und Bild von Johannes Zimmermann: