Luchsbestand in Deutschland - Pinselohr noch immer selten

PM des Bundesamtes für Naturschutz, veröffentlicht in der Ökojagd 1 - 2021

 

32 Luchsweibchen mit Nachwuchs bestätigt
BfN-Präsidentin Jessel: Erhaltungszustand dennoch weiterhin kritisch

Bild: Ökojagd

Insgesamt 32 Luchsweibchen mit Jungtieren konnten am Ende des Monitoringjahres 2019/2020 in Deutschland gezählt und bestätigt werden. Das geht aus neuen Erhebungen der Bundesländer hervor.
Die 32 Luchsweibchen mit 59 Jungtieren im ersten Lebensjahr konnten in Bayern (13), Hessen (1), Niedersachsen (10), Rheinland-Pfalz (2), Sachsen-Anhalt (5) und Thüringen (1) nachgewiesen werden.
Zum Ende des Monitoringjahres gab es insgesamt 125 bis 135 selbstständige Luchse. Im vorherigen Monitoringjahr 2018/2019 konnten 84 bis 88 selbstständige Luchse und 27 Weibchen mit Nachwuchs nachgewiesen werden.
Karten zum Vorkommen und zusätzliche bundeslandspezifische Informationen sind ab sofort auf der Webseite des BfN abrufbar.

Das Luchsmonitoring der Bundesländer liefert wichtige und wertvolle Daten über die deutschen Luchsvorkommen. Es zeigt gegenüber dem Vorjahr zwar einen deutlichen und erfreulichen Zuwachs, jedoch ist die Anzahl an Luchsweibchen mit Nachwuchs in Deutschland immer noch zu gering, um von einem stabilen Bestand zu sprechen. In der aktuellen Roten Liste der Säugetiere Deutschlands wurde der Luchs als 'vom Aussterben bedroht' eingestuft. Auch der Erhaltungszustand des Luchses ist weiterhin kritisch zu bewerten. Die deutschen Luchsbestände sind durch die Zerschneidung der Waldlebensräume, durch illegale Nachstellung und durch den Verkehr weiterhin stark gefährdet. Der Erhalt der Tierart kann daher nicht als gesichert gelten", sagt BfN-Präsidentin Prof. Beate Jessel.

Derzeit gibt es drei voneinander getrennte Luchsvorkommen in Deutschland: Das größte Vorkommen liegt im Harz und dessen Umfeld (Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Nordhessen). Ein weiteres Vorkommen existiert in Ostbayern als Teil der größeren grenzüberschreitenden Böhmisch-Bayerisch-Österreichischen Population. Ein drittes Vorkommen besteht erst seit 2016 im Pfälzerwald und dessen näherer Umgebung. In zwei weiteren Bundesländern wiesen die Luchsforschenden außerdem einzelne männliche Luchse nach, etwa in Baden-Württemberg und Sachsen. Luchsweibchen fehlen in diesen Gebieten, da diese seltener größere Distanzen zurücklegen und auch bei der Querung von weniger geeigneten Flächen deutlich zurückhaltender sind. Luchse benötigen möglichst unzerschnittene, waldreiche Lebensräume mit ausreichend Beutetieren wie Rehen. Sie bewohnen große Reviere und benötigen darin ruhige Rückzugsorte, die insbesondere für die Jungenaufzucht wichtig sind.

Im Monitoringjahr 2019/2020 wurden 15 Luchse tot aufgefunden: Acht Luchse starben im Straßenverkehr, zwei Luchse an natürlichen Todesursachen und bei vier Luchsen war die Todesursache unklar. Ein Luchs wurde nachweislich illegal getötet. Im vorherigen Monitoringjahr 2018/2019 wurden insgesamt 13 Luchse tot aufgefunden.

Luchsmonitoring

Das bundesweite Monitoring liefert wichtige Daten zum Bestand und Vorkommen des Luchses in Deutschland und geht auf eine Erhebung der Bundesländer zurück. Das jährliche Monitoring läuft jeweils vom 1. Mai bis 30. April des darauffolgenden Jahres und umfasst einen Fortpflanzungszyklus des Luchses, von der Geburt der Jungtiere bis zu deren Trennung von der Mutter. Die erhobenen Daten werden bei einem jährlichen Treffen der im Monitoring erfahrenen Personen von Bund und Ländern bewertet und zusammengeführt.

Die Erfassungsmethodik und Auswertung der Daten erfolgt nach durch den Bund und die Länder abgestimmten, einheitlichen Monitoringstandards (s. BfN-Skript 413). Luchse werden dann als einzelne Individuen gezählt, wenn sie z.B. mittels Foto oder Genetik zweifelsfrei von Artgenossen unterschieden werden können. Luchse weisen ein individuell unterschiedliches Fellmuster auf, ähnlich einem menschlichen Fingerabdruck. Dies ermöglicht es unter Umständen, einen Luchs anhand geeigneter Fotos eindeutig zu identifizieren und auf späteren Fotos wieder zu erkennen. Diese eindeutige Identifizierung ermöglicht so die Zählung der Luchse. Bei den veröffentlichten Bestandszahlen handelt es sich um die Anzahl der nachgewiesenen Tiere zum Ende des Monitoringjahres; tote oder nicht mehr in Freiheit vorhandene Luchse sowie internationale Grenzgänger mit räumlichem oder zeitlichem Schwerpunkt im Ausland sind hierbei nicht enthalten.

 

Karte: Bundesamt für Naturschutz

Derzeit gibt es drei Luchsvorkommen in Deutschland. Das größte Vorkommen liegt im Harz (Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen) und erstreckt sich bis Nordhessen. Ein zweites Vorkommen befindet sich in Ostbayern. In Rheinland-Pfalz hat sich aus dem 2016 gestarteten  Wiederansiedlungsprojekt im Pfälzerwald ein drittes Vorkommen entwickelt.
Die Anzahl der am Ende des Monitoringjahres 2019/20 noch nachgewiesenen reproduzierenden Luchsweibchen hat sich von 27 im Vorjahr auf 32 Weibchen erhöht. Diese Weibchen haben nach 49 Jungtieren im Vorjahr mindestens 59 Jungtiere geführt.
Zum Ende des Monitoringjahres gab es in Deutschland 125-135 (Vorjahr: 84-88) selbstständige Luchse und die Gesamtzahl der nachgewiesenen Luchse liegt bei 194 (Vorjahr: 137) Individuen.
Der kritische Erhaltungszustand des Luchses in Deutschland bleibt bestehen. Das Gremium der Monitoringbeauftragten der Bundesländer hält deshalb eine bundesweit abgestimmte Luchsstrategie für notwendig.

 

Baden-Württemberg

In Baden-Württemberg sind vier Luchse nachgewiesen worden. Zwei Männchen waren nachweislich adult und verhielten sich territorial. Ein weiteres dispersierendes (abwanderndes) Männchen war adult oder subadult. Ein einmalig nachgewiesenes Jungtier stammt aus der Schweiz. Weibliche Tiere konnten in
Baden-Württemberg bisher nicht nachgewiesen werden.

 

Bayern

In Bayern wurden im Monitoringjahr 70 selbstständige Luchse sowie 27 Jungtiere nachgewiesen. Von diesen Luchsen waren rund 50% grenzüberschreitend aktiv. Abzüglich der Totfunde und der Individuen mit einem Aufenthaltsschwerpunkt in Tschechien oder Oberösterreich waren am Ende des Monitoringjahres 51 selbstständige Luchse, darunter 13 reproduzierende Weibchen mit 20 Jungtieren, in Bayern nachgewiesen.

Hessen

In Hessen waren am Ende des Monitoringjahres drei selbstständige Luchse nachgewiesen. Ein Weibchen führte zwei Jungtiere. Ein adultes Männchen war dispersierend und von einem weiteren adulten Männchen ist der Status der Territorialität nicht bekannt.


Niedersachsen

In Niedersachsen konnte am Ende des Monitoringjahres 2019/2020 ein Mindestbestand von 37 selbstständigen Luchsen und 17 Jungtieren nachgewiesen werden. Zehn der selbstständigen Luchse waren reproduzierende Weibchen.

 

Rheinland-Pfalz

In Rheinland-Pfalz wurden 17 selbstständige Luchse, davon zwei subadulte Individuen nachgewiesen. Zwei Weibchen reproduzierten und hatten mindestens vier Junge.

Sachsen

Im Sachsen konnte ein männlicher selbstständiger Luchs und ein dispersierendes telemetriertes Männchen (aus polnischem Wiederan-siedlungsprojekt stammend) nachgewiesen werden.


Sachsen-Anhalt

In Sachsen-Anhalt konnte am Ende des Monitoringjahres 2019/2020 ein Mindestbestand von 22 selbstständigen Luchsen und 12 Jungtieren nachgewiesen werden. Fünf der selbstständigen Luchse waren reproduzierende Weibchen.

Thüringen

Im Thüringen wurden vier selbstständige Luchse nachgewiesen. Ein Weibchen reproduzierte und führte drei Jungtiere.



Weiterführende Informationen

Artenprorträt Luchs des BfN: https://www.bfn.de/artenportraits/lynx-lynx

Management von Großraubtieren: https://www.bfn.de/grossraubtiere

 

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Luchsbestand in Deutschland 2019/2020
Beitrag in der Ökojagd 1 - 2021
ÖkoJagd 1-2021, S. 33 - 34 - Luchsbestan
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