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Buchbesprechung:

Erwin Engesser: Verbiss-Schäden  -  Praxistipps für das Rehwildrevier

ISBN: 978-3-8354-11890

Erwin Engesser

112 Seiten, 127 Farbfotos
Broschiert
BLV, 2015

Der Forstmann Erwin Engesser greift mit seinem Buch Verbiss-Schäden – Praxistipps für das Rehwildrevier ein entscheidendes Problem der Waldentwicklung auf, denn Rehwildverbiss ist  nicht nur in Deutschland ein zentrales Problem für den nachwachsenden Wald: Seit der Mensch als Jäger nur unzulänglich die Wölfe ersetzt, entscheidet der Verbiss über die Entwicklung und Zusammensetzung der Jungwüchse. Auf 112 Seiten stellt Engesser seine Sicht der Situation dar. Seine Tipps für die Praxis wenden sich an Waldbesitzer und Jäger.

Ausgehend vom Wald als ökologische Nische behandelt Engesser die Rehjagd im deckungsreichen Wald. Aufgrund der Lernfähigkeit der Rehe plädiert er für eine Bejagung mit Überraschungseffekten. Mit einer kleinen Waldkunde  beschreibt er die wichtigsten Waldbäume und ihre arttypische  Gefährdung.

Im Kapitel „Um welche Schäden geht es?“ greift Engesser allerdings daneben. Seine jagdrechtliche Sicht (S. 57) wird der tatsächlich problematischen Situation der Waldbesitzer nicht gerecht. Engesser schreibt: „Aus jagdrechtlicher Sicht gibt es einen entschädigungspflichtigen Schaden nur bei den sogenannten Hauptbaumarten und wenn die beobachtete Beschädigung fristgerecht angemeldet wurde. Es gelten hier die Termine 1. Mai bzw. 1. Oktober für das jeweils zurückliegende Halbjahr.“   

Tatsächlich benützt das Jagdrecht nicht den Begriff Hauptbaumarten sondern Hauptholzarten (BJagdG§32(2)). Das ist deshalb von Bedeutung, weil damit auf die Häufigkeit der betroffenen Baumart im Revier abgehoben wird. Von der gesetzlichen Schadensersatzpflicht erfasst sind Baumarten, die nicht nur vereinzelt im Revier vorkommen. Wichtig ist allerdings, dass zur Klärung der Schadensersatzpflicht eine vertragliche Festlegung (Baumartenliste) möglich und sinnvoll ist (Rosenheimer Modell). Auch eine naheliegende vertragliche Veränderung der Abrechnungstermine kann hilfreich sein. Klare Vorstellungen zum Schaden tragen in der Regel zur Vermeidung von Schäden bei. Besonders bewährt haben sich die jährlichen jagdrevierweisen Gutachten, die einen aktuellen Einblick in die Verbisssituation geben (Landkreis Miesbach). Mit der bayernweisen Einführung von revierweisen Aussagen im 3-Jahresturnus wurde ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung gemacht.

Bei den Maßnahmen zur  Vermeidung von Schäden hält Engesser das systematische Zäunen für einen Irrweg der Forstwirtschaft, der nicht weiter bringt. Stattdessen empfiehlt er Weiserzäune. Zurecht weist er darauf hin, dass der Vergleich mit ungezäunten Flächen außerordentlich lehrreich sein kann. Im Abschnitt „vom Reden zum Tun“ betont Engesser umfangreiche Möglichkeiten von vielerlei Einzelschutzmaßnahmen (ca. 25 Seiten mit 32 Abbildungen).  Sieht man den damit verbundenen Aufwand, wird deutlich, dass der angestrebte artenreiche Mischwald ohne jagdliche Veränderungen auf großer Fläche wohl nicht realisiert werden kann.  

Als Quintessenz wirbt Engesser  für das Wiederschaffen von Wildlebensräumen in der Feldflur und  die bessere Zusammenarbeit von Jägern und Waldbesitzern.  Dabei sieht er sehr wohl die nach wie vor oft waldschädliche Ausrichtung der privaten Jagdpächter mit ihrem Wunsch nach hohen Rehbeständen und das daraus resultierende Unterlaufen staatlicher Vorgaben („das Abschusssoll wird auf der Streckenliste regelmäßig zum Ist“). Trotzdem fehlt seinem Werben „Mischwälder braucht das Land“ die Überzeugungskraft, wenn er die andernorts eingeschlagenen Wege und bereits erreichten Erfolge nicht zur Kenntnis nimmt.

Bernhard Mall 

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